Montag, 25. April 2011

Moskau

Sonntag, 03.10., 12:03h (MEZ+2)

Ich habe keine Ahnung, warum ich Moskau bei meinen bisherigen drei Besuchen nie richtig leiden konnte. Wo sind sie hin, all die muffigen Hackfressen, die stinkenden Alkoholiker, die skurrilen Gestalten, die tollkühnen Raser? Sogar die überbreiten Straßen sind recht leer. Sonntags scheint dieser Zehn-Millionen-Moloch recht entspannt zu sein. Seine Bewohner auch. Seit gestern Abend sind uns schon mehr freundliche Menschen begegnet, als bei meinen vorherigen drei Moskau-Besuchen zusammen. Ob Hostelmanager, Kioskverkäuferin oder Busfahrer: alle haben ein Lächeln für uns parat und bemühen sich um Freundlichkeit. Bin ich aus Moskau so gar nicht gewohnt (aus Berlin auch nicht…).




Während ich diese erleichterten Worte aufs Papier kritzele, sitzen wir auf einem Schiff und schippern über die Moskwa. Draußen ist es kalt und bewölkt, aber trotzdem schön. Den Ausblick von den Sperlingsbergen hinunter auf die Stadt haben wir vorhin schon genossen, jetzt also die Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt mal aus der Wasserperspektive.






Sonntag, 03.10., 22:18h (MEZ+2)

Beeindruckend, wie weit wir gefühlt (und ja auch reell) inzwischen entfernt sind von daheim. Wollte gerade einer Freundin „liebe Grüße in die Heimat“ schreiben. Die Freundin wohnt allerdings in Hannover, das ist nicht meine Heimat. Nach 2.000 Kilometern ist jetzt aber anscheinend Deutschland meine Heimat und nicht mehr Schöllkrippen (nachträgliche Anmerkung: Deutschland scheint wirklich weit weg zu sein, erst am Tag danach ist uns aufgefallen, dass ja heute Nationalfeiertag war).







Montag, 04.10., 13:25h (MEZ+2)

Noch zehn Minuten bis zur Abfahrt. Der Großraum-Liegewagen mit den kleinen Trennwänden zwischen den einzelnen Bettgruppen wird in den nächsten vier Tagen unser Zuhause sein.
Noch sind wir aber in Moskau, wo wir in den vergangenen zwei Tagen sehr viel gesehen haben. Kalt war es und bewölkt, aber damit war ja zu rechnen. Zu Fuß, mit der Metro (die „Paläste des Volkes“, U-Bahnhöfe mit Mosaikdecken und sonstigem Schmuck, sind wirklich wunderschön!), Tram und O-Bus (beides meist alt, urig und langsam) sowie dem erwähnten Schiff auf der Moskwa haben wir die verschiedenen Ecken der Innenstadt abgegrast. Den überlaufenen Roten Platz, die fast schon dörflichen Viertel südlich der Moskwa, die faszinierend große Lomonossow-Uni (das höchste geographische Institut der Welt liegt dort im 28. Stock), den lebendigen Arbat, die laute Twerskaja-Straße, die skurrile Moskwa-City (wo innerhalb der letzten Jahre eine bisher recht leb- und infrastrukturlose Skyline aus dem Boden gestampft wurde), Markthalle, Shopping Mall, orthodoxe Klöster: es gibt schon viel zu sehen in dieser Riesenstadt.









Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt, und Moskau glänzt ja nicht mal überall. Unfreundliche Menschen sind uns auch dieses Mal begegnet, und man hat viel zu oft den Eindruck, dass die Stadt leider für Autos und nicht für Menschen gebaut wurde. Der Typ mit der Corvette, der gestern seinen Kumpel angefahren hat, wollte aber bestimmt nur spielen… Zitat meines Mitreisenden D. H. neben einem völlig überlaufenen Kloster: „wenn die Menschen hier so gläubig sind, warum gibt es dann so viele Assis?“.




Ich hab auch keine Ahnung, warum der Mann vorhin auf dem Bahnsteig eine Motorsäge verkaufen wollte, so viele Bäume gibt es in der Stadt gar nicht. Aber Müll.
Gewöhnungsbedürftig sind auch die russischen Toiletten, wo man das benutzte Klopapier in einen Eimer schmeißt und nicht mit wegspült – dennoch ist es leicht, die Klospülung zu überfordern, was auch die manchmal bis zum Rand gefüllten Schüsseln erklärt...
Erlebnisse mit seltsamen Menschen beiden Geschlechts während des Toilettenbesuchs kann Dirk aufweisen, ich wurde von den Schattenseiten der russischen Hauptstadt diesmal wirklich verschont. Hoffentlich ein gutes Omen für den weiteren Reiseverlauf.
Napoleon konnte sich in Moskau nur wenige Tage behaupten, Hitler kam nur bis zum (heutigen) Ikea-Markt am westlichen Stadtrand. Luschkow ist letzte Woche gescheitert. Moskau ist halt einfach keine Stadt, die man leicht für sich erobern kann…

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